Ein provokanter Gedanke: Kann es sein,
dass unsere Politiker einiges richtig machen?
08.12.2021
Der Grat zwischen berechtigter Kritik an unseren Politikern und Verachtung war noch nie so schmal wie derzeit. Wer manchen Kommentar liest, gewinnt den Eindruck, in Corona-Zeiten würden wir von einer Horde verantwortungsloser Trottel regiert. Ich finde das schlimm. Wurden Fehler gemacht? Sicher. Die Lockerungen im Oktober gehörten dazu, obwohl die Inzidenz niedrig war und die Impfquote recht hoch. Es waren nicht nur Regierung und Opposition, die sich geirrt haben, sondern auch Spitzenvertreter der saarländischen Ärzte. Das soll nichts relativieren, aber es zeigt, dass die Dinge in Zeiten extremer Unsicherheit oft nicht so eindeutig sind, wie gerne getan wird.
Ein schönes Beispiel dafür ist die Schließung der Impfzentren. Im Spätsommer verirrte sich kaum noch jemand dorthin, die Einrichtungen waren teuer, die Arztpraxen hatten die Impfkampagne im Griff. Natürlich musste man damals die Zentren schließen, zumal die Experten einschließlich RKI, Drosten und Lauterbach von Booster-Impfungen für alle abrieten. Dass sie ihre Meinung später änderten, hing mit neuen Erkenntnissen zusammen. So ist das eben in einer Krise.
Stärker als die Politik hat die Ständige Impfkommission die Impfkampagne behindert. Trotz klarer Erkenntnisse brauchte sie wochenlang, um Empfehlungen auszusprechen. Ihr Chef hat gerade Fehler zugegeben, ohne dass das groß bemerkt worden wäre. Das Saarland hatte zum Glück schon mehrere Wochen vor der Stiko-Empfehlung mit Booster-Impfungen in Altenheimen begonnen. 86 Prozent der Erwachsenen sind hier vollständig geimpft. Viel mehr geht ohne Impfpflicht vermutlich nicht. Die Impfzentren standen ruckzuck. Beim Boostern liegt das Saarland derzeit auf Platz eins der Bundesländer. Ein provokanter Gedanke: Kann es sein, dass unsere Politiker einiges richtig machen?